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Freitag, 13. Juli 2012

Tag 117: Von Arpasu de Sus nach Victoria - 11Km (1503Km)


Donnerstag, 05.07.2012

Ich komme an diesem Tag früh los. Nach dem gemeinsamen Frühstück mit der Familie mache ich noch ein Foto, bedanke mich, und ziehe los.
Noch ist es sehr kühl und so komme ich auf unbefahrenen Landstraßen schnell voran.

Nach 11Km ist mein Wasservorrat alle und ich frage in der Stadt Victoria an einer Haustür ob ich Wasser haben kann.
Das bekomme mich auch.
Ich bedanke mich, drehe mich um und gehe 2 Schritte weiter. Da fragt mich die Dame woher ich komme.

"Aus Deutschland" ist meine Antwort, worauf sie auf bestem deutsch antwortet: "Dann können wir auch deutsch sprechen."

Sie lädt mich ein reinzukommen, bittet mich den Rucksack abzustellen und mich zu setzen.
Es gibt kühle Getränke und ein fantastisches Gulasch.

Es ist noch früh und eigentlich wollte ich meine Mittagspause erst im 4Km entfernten Vistea de Sus machen.
Nun ziehe ich meine Mittagspause also etwas vor und bleibe erstmal hier.
Noch nicht ahnend dass meine Reise heute hier enden wird.

Die Dame welche mich reinbittet heißt Anneliese. Sie ist zwar in Rumänien geboren, lebt jedoch schon seit langer Zeit in Deutschland.
Im Haus ist noch eine weitere Dame.
Doina ist ebenfalls gebürtige Rumänin, lebt jedoch in Spanien. Beide machen hier lediglich ihren Urlaub.
Sie sagen dass im Ausland zu arbeiten zwar schön ist, doch irgend etwas zieht sie immer nach Hause zurück.
Auch wenn es nur für 2 Wochen im Jahr ist.

Beide erzählen mir von dem früheren Leben hier in Rumänien. Es sind teils skurrile und teils witzige Geschichten.

So gab es früher in diesem Ort z.Bsp kein Krematorium.
Da mussten die Toten 3 Tage lang zu Hause aufbewahrt werden bis sie beerdigt werden konnten.
Man nahm Eiswürfel um gegen den Geruch anzukommen.
Schlafen war während dieser 3 Tage auch kaum möglich da ständig Menschen gekommen sind um von dem Toten Abschied zu nehmen.

Nach der Revolution wurden die ersten Supermärkte und Kaufhäuser in der Stadt errichtet. Menschen die einfach nur durch die Glastür hineinschauen wollten haben sich mächtig erschrocken als die Tür elektrisch aufging. Das war eine Neuheit.

Und als die beiden Ende der 90'er das erste mal nach Deutschland gefahren sind war es eine Sensation als das Wasser automatisch anfing zu laufen nachdem man seine Hände unter den Wasserhahn gehalten hat.

Um Punkt 15Uhr höre ich weit entfernt eine Sirene. Auf die Frage ob es brennt erklärt sie dass sich in der Nähe ein altes Chemiewerk befindet, welches seit 25 Jahren stillgelegt ist. Und dennoch läutet, so wie seit jeher, um 15Uhr die Feierabend Sirene. Man hat sie einfach nicht abgestellt und sich mittlerweile daran gewöhnt.

Ich erzähle den beiden dass ich heute noch zu dem nur 11Km entfernten Kloster gehen möchte.
Doina kennt dort einen Mönch. Er war ein Klassenlammerad von ihr. Sie besucht ihn normalerweise jedes Jahr wenn sie hier ist. Dieses Jahr wird es leider nicht klappen.
Sie schreibt mir den Namen des Mönchs auf einen Zettel und ich solle dort einfach nach ihm fragen.

Wir sitzen die ganze Zeit draußen vor dem Haus im Schatten. Als die Sonne am Nachmittag rumkommt gehen wir in das Haus.
Meinen Rucksack nehme ich mit rein damit er nicht in der heißen Sonne steht. Da sagen die beiden dass ich auch gern noch hier bleiben kann wenn ich mag. Gesagt, getan. Ich springe unter die Dusche und genieße den Rest des Tages.

Am Abend gehen wir noch einmal im Ort spazieren.
Glaubt es oder nicht, hier in Victoria ist das geografische Zentrum Rumäniens.
Nachdem ich an Tag 59 das geografische Zentrum Ungarns per Zufall besuchte, bin ich nun hier her gekommen ohne dies zu wissen.

Auf unserem Spaziergang durch die Stadt treffen wir auf den Pfarrer. Er lädt uns ein ganz oben auf den Glockenturm der Kirche zu steigen.
Die Stadt von hier oben mit der untergehenden Sonne zu sehen ist sehr schön. Eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre.

Und die beiden schenken mir noch eine Tafel Schokolade. Diese ist jedoch schneller aufgegessen als ich davon ein Bild machen kann...

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