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Sonntag, 23. September 2012

Eine Liebesgeschichte:

Der ultimative Rumänien Bericht?
Keineswegs!
Was nun folgt ist meine persönliche Sicht. Ich weiß, und mir ist bewusst dass andere Menschen andere Erfahrungen gemacht haben.

Man geht nicht ohne auf Wiedersehen zu sagen...

Ich sitze hier am Strand von Vama Veche und bin noch nicht aus dem Land.
Dennoch erlaube ich mir nach 4 Monaten Aufenthalt ein kleines Resümee.

Wenn etwas zuende geht denkt man an den Anfang.
Ich hatte Rumänien am 20.05.2012 in Turnu betreten und, hatte Angst - vor Rumänien.
Viele Deutsche und Ungarn reden leider sehr schlecht über das Land.
Gefährlich, wilde Hunde, Zigeuner, überall Korruption usw.
Einige haben auch gesagt dass der Spass hier vorbei wäre und ich mit der Sprache Probleme haben werde...
Zunächst einmal an diese Menschen: Wenn Ihr an eine sensible Person geratet könnt Ihr mit solchen Aussagen eine ganze Menge kaputt machen.

Ich persönlich glaube, dass diese Menschen noch nie in Rumänien waren sondern nur vom hören sagen ein ziemlich klares Bild von diesem Land im Kopf haben.
Das gleiche trifft auf viele andere Länder zu.
Wenn man Iran hört geht sofort das Kopfkino los.
Doch kein Land ist von grund auf gut oder schlecht.

Aber es gab auch viele die mir Mut gemacht haben. Menschen die schon einmal in diesem wunderbaren Land waren und erlebt haben wie schön es ist.

Sicher, das vorankommen war nicht immer leicht, das gebe ich zu.
Jedoch lag es keinesfalls an Problemen.
Es lag an den fantastischen Menschen welche hier leben.
Oft gab es Orte mit Familien bei denen ich 2 oder mehr Tage blieb.

Ein kleiner Auszug:
14 Tage Arad - Danke an Emil und Daniela
11 Tage Sibiu - Danke an Fred und das Felinarul Hostel
14 Tage Brasov - Großen Dank an Angie vom Hostel Mara
15 Tage Bukarest - Dank an Andreea und Reinhard sowie Kerstin
10 Tage Vama Veche - Dank an die Familie vom Haus "Casa Luca"
Sowie unzählige Familien welche mich für 2, 3 Tage aufnahmen.

Das Wetter machte es mir oft schwer. Auch weil es sich Nachts nicht abkühlte.
Es war heiß. 35 - 42° war keine Seltenheit.

Ich hab zugenommen (das Bild wurde ohne Rucksack gemacht) und gelernt dass man Weissbrot zu allem essen kann. Ja sogar zu Spagetti und Pizza.
Aus der anfänglichen Angst zu verhungern folgte später die Gewissheit zu platzen. Und wenn jemand eine 1,5L Flasche mit klarer Flüssigkeit auf den Tisch stellt ist da alles drin - nur sicher kein Wasser.
Begriffe wie Palinca und Țuică gehören einfach zu Rumänien dazu wie Bier in 2,5L Flaschen, die Karpaten und schöne Frauen.

Ich hab in wunderschönen Klöstern, in Trucks, Kasernen und auf Großbaustellen übernachtet. Bei Pfarrern, der Polizei, unzähligen wundervollen Familien und sogar bei Zigeunern.
War auf Kirchtürmen, in TV Studios, in Schulen und auf so vielen Bauernhöfen das mir sehr schnell die Finger zum zählen ausgegangen sind.

Und der Spass kam nie zu kurz. Rumänische Familienfeiern sind die besten welche ich bis dato kenne.

Es ging entlang von Straßen, etwas undefinierbaren, sowas ähnliches wie Straßen, auf Feldwegen, Dämmen, auf Gleisen und durch Flüsse da Brücken manchmal nur auf Karten existieren.
Fahren darf hier in Rumänien ehh alles solange es ein Nummernschild hat. Reicht auch wenn eins davon im Kofferraum liegt.
Dazu ein Witz der grad gut passt:
Ein schneller Rennwagen braucht einen guten Hochleistungsmotor aber auch super Bremsen
Angenommen der Rennwagen ist Europa
Deutschland ist der Motor.
Rumänien ist die Bremse.
Der kommt nicht von mir, den hat mir ein Rumäne erzählt.

Es gab so viel zu entdecken.
Und immer das Karpaten Panorama im Blick. Ich hatte auch das Glück 2mal auf ihnen ohne meinen schweren Rucksack zu wandern.

Deutschland ist gegenüber Rumänien wie ein steriles Krankenhaus, alles sauber und poliert mit klaren Regeln während hier das wirkliche Leben passiert.
Für mich ist ganz Rumänien ein riesengroßes Museum handelnd von "Wie das Leben eigentlich sein sollte".

Dadurch das Rumänien jetzt seit einiger Zeit in der EU ist, geht die Persönlichkeit Stück für Stück verloren.
Es wird alles angeglichen.
Angefangen bei einfachen Dingen wie Verkehrsschilder, bald kommt der Euro. Der Konsum ist in den großen Städten exakt der gleiche wie in Deutschland. Penny, Lidl, Kaufland und Obi haben Einzug gehalten.

Von vielen Rumänen habe ich gehört dass die Menschen früher noch viel Kameradschaftlicher und Hilfsbereiter waren, sich untereinander geholfen haben.
Jetzt fährt jeder die Ellenbogen aus und ist damit beschäftig Geld zu verdienen. Konnte ich nicht bestätigen da ich noch sehr viele nette Menschen getroffen habe.
Dennoch ist es zu spüren...

Ich bin froh dass ich noch etwas von dem ursprünglichen Rumänien sehen konnte.
Wo die Bauern noch, mit dem vom Pferd gezogenen Pflug über das Feld laufen und das Heu mit der Sense mähen.

Warum sollte man sonst reisen wenn überall alles gleich aussieht?

Ich hatte viele lange Diskussionen mit Rumänen.
Als Tourist sehe ich nur die guten und schönen Seiten hier in Rumänien.
Und sie sehen nur die guten Seiten in anderen Ländern wie z.Bsp. Deutschland.
Und ich bin sicher, je mehr Zeit ich in dem Land verbringe umso mehr sehe ich vielleicht auch die weniger schönen Seiten.
Genau so wie sie nach einiger Zeit die vielleicht weniger schönen Seiten von Deutschland entdecken würden.

Wenn man ständig mit den Umständen kämpft, kann das Leben zur Qual werden.

Natürlich könnte ich auch schimpfen wie unfreundlich einige Menschen sind, wie chaotisch die Autofahrer und das man sich nach und nach von einander entfernt weil jeder hinter dem Geld her ist.
Doch wäre Rumänien dann nicht so wie jedes andere Land auch?

Wir suchen das perfekte.
Doch das kann diese Welt nicht bieten.
Nicht solange man im außen nach Erfüllung sucht.
Diese Welt ist bereits perfekt.
Schaut genau hin und hört was sie zu sagen hat. Nehmt alle Elemente dieser Welt und lasst euch die Welt zeigen.

Da gibt es nichts zu verändern.
Es ist alles ok so wie es ist.

Wir brauchen die guten und die schlechten Tage.
Die guten um zu feiern, die schlechten, um die guten schätzen zu können.
Wie könnten wir sonst sagen dass etwas gut ist wenn wir nicht das Gegenteil erfahren und kennengelernt haben?

Es stimmt alles was über Rumänien gesagt wird.
Es gibt fantastische Landschaften und Zigeuner.
Großartige Strände und wilde Hunde
Schöne Parks und der Müll in manchen Städten
Gigantische Klöster, orthodoxe Kirchen und zerfallene Ruinen weil das Geld fehlt um sie zu restaurieren
Fantastische Menschen und Zigeuner Dörfer wo der Müll verbrannt wird
Irre günstige Handy Mobilkosten und korrupte Politik

Die Liste könnte ewig so weiter gehen.
Man kann es immer von 2 Seiten betrachten.
Hasst nicht was ihr nicht kennt, und habt auch keine Angst davor.

Rumänien ist weit davon entfernt ein perfektes Land zu sein. Aber ist Deutschland das nicht auch?
Scheinbar leben wir in Deutschland in einem kleinen Paradies.
Doch auch hier ist alles nur auf der Oberfläche.
Schaut man tiefer ist es genau so wie hier...
Schmerz, Angst, Verlust, Krankheit, Tod.

Es kann perfekt sein. Für jeden einzelnen.
Wenn man es zulässt und nicht nach den Fehlern sucht.
Wenn man keinen Perfektionismus erwartet.

Verschwendet nicht Eure Zeit mit der suche nach Fehlern. Vielleicht sind gar keine da.

Es ist nicht perfekt. Es ist ein Land wie jedes andere auch.
Es ist das Leben.
Ich liebe Rumänien und ich hoffe, ich konnte Euch in den letzten 4 Monaten ein wenig zeigen wie wundervoll dieses Land und die Menschen sind die darin leben.

Danke für die schöne Zeit.


Freitag, 21. September 2012

Tag 186 - 195: Von 2. Mai nach Vama Veche - 4Km (2172Km)


Mittwoch, 12.09.2012 - Freitag, 21.09.2012

Die kürzeste Strecke die ich jeh an einem Tag gelaufen bin.
Aber das ist gar nicht wichtig.

Im Ortszentrum finde ich ein sehr schönes Hotel mit einer warmherzigen Familie welche mich hier kostenfrei wohnen lässt so lange ich möchte. Die Hauptsaison ist nun seit letzten Sonntag vorbei und viele Zimmer sind frei.
Danke an das Haus "Casa Luca".
http://www.turistinfo.ro/vama_veche/cazare-vama_veche/pensiunea_casa_luca-c31091.html

In Vama lerne ich 2 verschiedene Orte kennen. Und das, ohne das ich mich bewege. Jedoch bewegt sich alles andere um mich herum.

Vama 1: Die ersten Tage von Mittwoch bis Samstag

Der Strand ist gut belebt. Sicher nicht so voll wie noch vor wenigen Wochen als man kaum Platz gefunden hat, jedoch perfekt. Nicht zu viele Menschen und man kommt sich auch nicht verloren vor.

An den Stränden haben schon einige Lokale geschlossen.
Ein großer Vorteil. Trifft man am Strand jemanden und sagt "Wir sehen uns ja dann heut Abend" weiß jeder wo - Im und um das "Stuf" herum.

Eigentlich dienen die Hotels und Pensionen hier alle nur zur Gepäckabgabe. Tagsüber spielt sich das Leben am Strand ab. Relaxen, Beachvolleyball spielen, schwimmen, schlafen.
Nachts wird durchgemacht bis die Sonne wieder aufgeht.
Oft wünsche ich mir dass die Sonne nicht aufgeht.
Denn sobald sie sich zeigt verschwinden gleichzeitig die Millionen Sterne über mir.
Selbst die Worte "Atemberaubend" und "Unglaublich" reduzieren diesen Anblick auf ein Minimum. Es gibt keine Worte dafür - ich finde sie nicht.

Es gab Tage mit großen Wellen.
Was für ein geiles Gefühl wenn die Welle vor dir bricht, über dich her rollt und dich hin und her wirft.
Kann nicht glauben dass ich so lange darauf gewartet habe...

Die längste Party gab es in der Nacht vom Samstag auf Sonntag. Die Menschen wollten einfach nicht gehen.
Bis morgens 10:30Uhr saßen und tanzten wir am Strand.
Erst später verstand ich warum...
Es war die letzte Party für dieses Jahr hier in Vama.

Niemand wollte das es aufhört. Sie wollten diesen Ort am Leben erhalten. Mit jedem Schritt. Tanzen und dem Sand zum fliegen verhelfen...

Der Sand, die Sterne und alle Menschen sind Zeuge einer wunderbaren Zeit.
Und das nimmt ihnen keiner mehr. Das nehmen sie mit. Mit einem Lächeln im Gesicht und in ihren Herzen.


Vama 2:
Am Sonntag ändert sich das Bild. Komplett.
Wer schon einmal den Jakobsweg gegangen ist kennt diese Stimmung vielleicht. Es ist wie in Santiago de Compostella.
Jeder verabschiedet sich. "Wir sehen uns im nächsten Jahr." heißt es sehr oft.
Nach und nach verschwinden alle.
Am liebsten würde ich sie alle in meinen Rucksack packen und mit nehmen.
Ich habe hier in den letzten Tagen wieder sehr viele wundervolle Menschen kennengelernt. Es ist so ein fantastischer Ort. Magisch.

Nun ist der Ort wie ausgestorben.
Fast alle Geschäfte haben geschlossen und die sich hier noch befindlichen Touristen kann man glaub ich an 2 Händen abzählen.
Ich bin der einzige Gast in meinem Hotel.

Und es tut so gut allein zu sein.

Die See ist ein sehr magischer Ort.

Ich nutze die Zeit zum nachdenken, um zu reflektieren, und um mein Tagebuch am Strand zu schreiben während ich auf die Wellen schaue...
Schöne Atmosphäre.

Um mich herum nur ein paar Möven und wilde Hunde.
"Was mit den Hunden geschieht" frage ich einen Anwohner.
"Wenn kein Mensch mehr hier ist werden viele im Winter sterben."
Doch das wissen sie jetzt noch nicht. Sie spielen ausgelassen und unbesorgt im Sand. Sie leben im hier und jetzt. Frei von Angst was wohl morgen sein wird.

Und auch für mich heißt es bald Abschied nehmen.
Von diesem wundervollen Land.
Dort hinten beginnt Bulgarien, dachte ich. Nur 2Km weiter.

"Und warum gehen wir nicht sofort weiter?" fragt mich mein Rucksack.
"Weil wir ruhen müssen" sagten meine Stöcke...

Tag 185: Von Costinesti nach 2. Mai - 24Km (2168Km)


Dienstag, 11.09.2012

Es gibt noch ein ausgelassenes Frühstück mit allen.
Alexandru's Frau schaut mich kurz an, steht dann auf und geht zum Telefon.
Sie spricht mit jemanden auf rumänisch, wovon ich ich nicht viel verstehe.
Nach 3min kommt sie wieder an den Tisch und gibt mir einen Zettel mit einem Namen und einer Telefonnummer.

Sie sagt "das ist eine gute Bekannte von mir im Ort 2 Mai. Nur 24Km entfernt. Da darf ich heute übernachten."
Ja saucool!
Leider hat sie vergessen nach der Anschrift zu fragen. Aber sie schreibt mir noch mit auf dass es sich um ein Haus zwischen dem Friedhof und der Kirche handelt.
Und zur Sicherheit hab ich ja immer noch die Telefonnummer.

Und los geht's. Was für ein wunderschöner Weg.
Direkt am Meer, befestigt, super zu laufen und Wellenrauschen, Meeresduft und Mövengesang inkl.
Die Wellen sind manchmal so hoch und der Wind gleichzeitig so stark das mir die Gischt ins Gesicht fliegt.
Schwer zu beschreiben aber tolles Gefühl. Bin so glücklich endlich am Meer zu sein. Irgendwie zieht es die Menschen immer an's Wasser.

In 2. Mai angekommen, geht die Suche los. Ich frage Passanten ob sie den Namen auf meinem Zettel kennen. Nein kennen sie nicht.
Und es gibt ein Problem. Ein kleines.
Es gibt 2 Kirchen und 2 Friedhöfe.
Beide sehr weit von einander entfernt. Jeweils an einem Ende des Dorfes. Aber wir haben ja die Telefonnummer.
Ein Passant wählt die Nummer auf meinem Zettel.
Nächstes Problem: Die Nummer stimmt nicht.
Ich lasse mir den Weg zur Kirche und zum Friedhof zeigen, bedanke mich bei den Menschen für ihre Hilfe und mache mich wieder auf die Suche.

An der 1. Kirche und dem Friedhof angekommen, finde ich 3 Häuser in unmittelbarer Nähe. Namensschilder oder Klingeln gibt es keine, weshalb ich einfach über den Zaun Rufe.
Eine Dame kommt mir entgegen.
Ich zeige ihr meinen Zettel und frage ob sie diese Person kennt.
Nein kennt sie nicht. Doch sie bittet mich hinein.
Sie selbst spricht nicht sehr gut englisch. Aber in 10min. kommt ihr Sohn von der Arbeit.

Ich stelle den Rucksack ab und bekomme etwas zu trinken.
Dann kommt auch schon der Sohn.
Ich schildere ihm meine Situation. Er sagt dass seine Mutter hier auch Zimmer zu vermieten hat. Wenn ich mag kann ich auch gerne hier bleiben. Ich bitte ihn dennoch noch einmal die Nummer auf dem Zettel anzurufen. Vielleicht hat sich der Passant vertippt. Doch wieder geht die selbe, falsche, Familie ans Telefon.

Und so kam es, dass ich mit dem Zettel meiner Unterkunft auch eine fand.
Zwar nicht die welche auf den Zettel steht, aber eine sehr sehr schöne.

Am Abend kommen noch Freunde und Nachbarn aus England vorbei und wir Essen gemeinsam zu Abend.

Wie ich sagte. Talent.


Tag 184: Von Constanta nach Costinesti - 29Km (2144Km)


Montag, 10.09.2012

Ich hab echt Talent.
Alexandru hat heute seinen 74. Geburtstag.
Und das muss gefeiert werden...
Wer Alexandru ist? Das weiß ich jetzt auch noch nicht.
Ich treffe ihn erst später - per Zufall.
Oder doch nicht?

Vorher gehts aber erstmal auf den Weg dorthin.

Hab ich gestern die hübsche Seite von Constanta gesehen, so zeigt sich nun beim verlassen der Stadt die etwas hässliche Seite.
Im Hafen wird das Geld verdient, und auch gelassen. Es wirkt wie eine Filmkulisse. Denn hinten heraus ist die Stadt sehr arm und hässlich.

Aus der Stadt draußen folge ich dem Küstenstreifen.
Mal auf befestigten Wegen, mal im Sand.
Ist jedoch anstrengend.

Den Wandertag beende ich in Costinesti. So wie viele Dörfer hier an der Küste, lebt auch dieser Ort größtenteils nur vom Tourismus.
Unterkunft finden sollte daher kein Problem sein.
Das sieht die erste Pension anders. Die Suche geht weiter.

In einer Seitenstraße höre ich Gesang, Lachen und ausgelassene Stimmung.
Dem beschließe ich auf den Grund zu gehen. Wo gesungen wird können keine schlechten Menschen sein.

Ich komme zum Haus von Alexandru. Gut gelaunt frage ich in die lustige Runde ob jemand Jemanden kennt bei dem ich eine Nacht bleiben kann.
"Komm doch erstmal rein" ertönt es in bestem deutsch über den Zaun zurück.
Gut - gerne.

Es gibt Bier, Palinka und den Rest von der riesen Pizza welche noch auf dem Tisch steht und nicht geschafft wurde. Kalte Pizza ist genau das richtige nach einem langen Wandertag. Lecker.

Party haben wir also schonmal gefunden. Auch wichtig. Aber was ist mit der Übernachtungsmöglichkeit?
Hah - das Gute liegt bekanntlich so nah. Nämlich direkt vor der Nase.
Ich bleibe heute hier. So wie viele der Gäste.

Der Grund für die Party ist der Geburtstag von Alexandru. 74 Jahre weilt er schon auf der Erde.

Hoch die Gläser - Prost!


Donnerstag, 20. September 2012

Tag 182 - 183: Von Poarta Alba nach Constanta - 26Km (2115Km)


Samstag, 08.09.2012 und Sonntag, 09.09.2012

Ich bin etwas aufgeregt. Könnt Ihr Euch das vorstellen?
Nach fast 6 Monaten auf den Beinen, früh vor dem Start immer noch etwas aufgeregt zu sein?
Und ich hoffe das geht nie weg.
Es zeigt mir das ich lebe.
Wenn man keine Angst mehr vor dem nächsten Schritt hat ist dieser Schritt womöglich zu klein. Man kann ja dann nicht mehr an ihm, an dieser Aufgabe wachsen.

Also warum die Aufregung heute Morgen?
Ich bin nur noch einen Katzensprung vom Schwarzen Meer entfernt und habe diesem Moment so lange entgegen gefiebert.

Auf, wie ich dachte, halben Weg, mache ich eine Pause im Ort Poiana.
Es ist Samstag, mittlerweile 9:30Uhr. Vor einem Magazin sitzen 4 Männer welche mich heranwinken und mich auf ein Bier und ein Eis einladen. Sehr nett!

Auf die Frage, welche immer kommt, und auf die ich heute gewartet habe, ”Wo geht's denn hin?“ antworte ich heute voller Stolz: Ans Meer, Nach Constanta, und fühle mich dabei 5m größer.
Jetzt folgt ein kleiner Rückschlag. Google Maps ist nicht mehr aktuell.
Eine Brücke auf der Karte exestiert nicht mehr. Ich muss einen Umweg von 6Km gehen...
Aber davon lasse ich mich jetzt auch nicht mehr entmutigen.

Und plötzlich sah ich es zum ersten mal. Da war es. Zwar noch weit entfernt aber es war da. Direkt vor mir. Ich lächelte und beschleunigte meinen Schritt etwas. Eigentlich hab ich nur den Schwung ausgenutzt denn es ging wieder bergab.
Und dennoch hatte ich nun das Gefühl dass das Meer mich anzieht, das mein Rucksack irgendwie leichter geworden ist und meine Füße doppelt so schnell gehen.

Die letzten Kilometer geht es auf der Nationalstrasse in die Stadt hinein.
Das haben wohl alle größeren Städte gemeinsam, ist daher nichts außergewöhnliches mehr. Immer wieder schaue ich zwischen den Häusern und ab und zu ergattere ich einen Blick auf das Meer.
Ich bin so dicht dran.

Ok gut, der Katzensprung fiel etwas größer aus. War halt eine große Katze...

Jetzt geht es nur noch darum eine Unterkunft zu finden.
Es gibt in Constanta leider nur 1 Hostel. Und dieses ist leider auch schon voll belegt. Klar, es ist Samstag und das Wetter Top. Viele nutzen diesen Umstand um noch einmal im Meer zu baden.
Jedoch hat der Hostelbetreiber viele nette Nachbarn. Er verschwindet kurz und klingelt in der Nachbarschaft.
Nach 15min kommt er mit guten Nachrichten wieder und ich hab ein Bett für 1ne Nacht.

Jetzt aber Rucksack abgestellt und ab unter die Dusche.
Danach geht es endlich zum lang ersehnten Strand.
Ohh wenn Ihr mich hier und jetzt sehen könntet. Mal eben zum schwarzen Meer gelaufen. Gut, hat 6 Monate gedauert. Aber nun bin ich da. Ein großartiges Gefühl.
Ein Grinsen von einem Ohr zum nächsten.

Giacomo (mit dem ich immer noch in Kontakt bin) war auch hier. Ganze 10 Tage. Und er hat viele Freunde hier gewonnen.
Unter anderem auch Gabriel, der Koch im Manarola Restaurant.
Da schau ich vorbei, bestelle ihm liebe Grüße von Giacomo und werde zum Essen eingeladen.
Whow. Auf einer Skala von 1 - 10 war es ganz klar eine 11!
Lange nicht mehr so gut gegessen.

Viel weiter komme ich an diesem Tag auch nicht mehr. Ich bleibe in dem Restaurant im Hafen sitzen, beobachte Menschen und Boote wie sie sich vor und zurück bewegen, entspanne einfach. Genieße den Erfolg hier zu sein.

Ganz klar dass ich also mind. noch einen 2ten Tag hier benötige um mir die Stadt anzuschauen.
Doch dazu benötige ich eine neue Unterkunft.
Bei der netten Dame durfte ich leider nur 1ne Nacht bleiben. Sie bekommt heut Besuch weshalb sie das Bett benötigt.
Also ziehe ich am frühen Morgen von einem Hotel zum nächsten und bekomme beim 7. eine Zusage. (Neuer Rekord - Bisher war Brasov die härteste Nuss).

Ist jedoch ganz klar dem Wetter und der Lage geschuldet.
In Rumänien leben knapp 20 Millionen Menschen welche sich bei gutem Wetter auf lediglich 60Km Strand zwischen Constanta und Vama Veche verteilen.

Doch nach 1h habe ich meinen Schlafplatz für heut Nacht gefunden und den Rucksack wieder in die Ecke verfrachtet. Ich bekam ein sehr schönes, ruhiges Zimmer.
Vielen Dank an: Vila Min
www.vilamin.ro
Auch für das waschen meiner Dreckwäsche.
Werbung muss sein, hab ich versprochen.

Jetzt geht es daran die Stadt zu erkunden.
Das alte Casino: Was für ein schönes Denkmal der Zeit.
Ich stelle mir vor wie die sehr gut gekleideten Damen und Herren aus ihren Autos aussteigen oder direkt von den Schiffen aus das Casino betreten.
Wie sie ein und ausgehen, wie sie an den Tischen sitzen und stilvoll ihre Zigarren Rauchen.
Die stimmungsvolle Beleuchtung, die Musik dazu.

Dieses Haus fesselt, und es fällt schwer die Augen wieder von dem Gebäude zu nehmen und weiter zu gehen.
Doch aus das lohnt sich. Wenige Minuten weiter finde ich die Moschee und das Archäologische Museum.

Wie ich grad ein Foto mach spricht mich ein Mann an.
Er gibt sich als Polizist aus und will mein Ausweis sehen.
Lustig. Er selber hat nämlich keinen. Als ich nach diesem frage besteht er abermals darauf meinen zu sehen.
Ich sage ganz klar dass er kein Polizist ist.
Darauf fragt er mich wie lange ich denn schon hier in Rumänien bin. 4 Monate sag ich.
Daraufhin geht er wieder seines Weges.
Komischer Typ... :)

Das war keine gefährliche Situation. Mit ein wenig natürlichen Menschenverstand und etwas Menschenkenntnis kann man solche gefälschten "Polizisten" relativ leicht erkennen.

Ich hatte meinen Spaß...